2016: KRIEG. BILDER DER GEWALT

Bilder vom Krieg sind speziell. Bei vielen Fotoausstellungen debattiert man über Bildgestaltung, kunsthistorische Verortung, Auswahl oder Hängung. Bei Fotografien von Leichen, verstümmelten Körpern oder zerstörten Gebäuden treten solche Betrachtungen in den Hintergrund. Stattdessen stellen sich Fragen wie: Was ist Krieg? Welchen Aspekt des Kriegs zeigt uns der Fotograf? Und Warum?

In Singen zeigt das Kunstmuseum bis 4.12.2016 Otto Dix´ Mappenwerk „Der Krieg“ mit 50 Radierungen aus dem Jahr 1924, Bilder aus dem Buch „War Porn“ des Fotografen Christoph Bangert und eine Auswahl von Fotografien der Kriegsreporterin Anja Niedringhaus, die 2014 mit 48 Jahren bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in Afghanistan erschossen wurde. Einige der ausgestellten Bilder sind verstörend, weshalb die Ausstellungsmacher den Hinweis angebracht haben, dass die Ausstellung für Besucher unter 18 Jahren ohne Begleitung ungeeignet sei.

Die Ausstellung ist sehenswert. Dix wollte vermutlich mit seinen heute weltbekannten Bildern das Grauen im Schützengraben den Zeitgenossen verdeutlichen, gewissermaßen als Korrektiv zum Hurrapatriotismus bei Kriegsausbruch. Es geht hier um das „innere Bild“ vom Krieg, dass sich die Menschen machen. Das will durchaus einleuchten.

Bungert folgt rund 100 Jahre später dem gleichen Ansatz mit dokumentarischen Farbfotografien von den jetzigen Krisengebieten im Irak, in Afghanistan und Gaza. Hier fragt sich aber, ob das in der heutigen Zeit nötig ist. Etliche prämierte Vietnamfilme haben das von Bangert bebilderte Leid bis in fast alle Wohnzimmer getragen. Reicht es, zu sagen, dass Krieg schrecklich ist, wenn sogar Deutschland ohne UN-Mandat in den Krieg zieht, um dem Wohl der Menschheit zu dienen.

Bei Niedringhaus sieht der Besucher mehr vom Krieg als Leid und Elend, nämlich wie das Leben der Menschen trotz Krieg weitergeht, wie Kinder den Krieg spielen, wie sich Palästinenserinnen auf einem Rummelplatz tummeln oder wie sich die Sieger freuen. Von der Pulitzerpreisträgerin stammt die Aussage, dass das wirklich gute Foto eher 50 Meter hinter der Frontlinie entsteht.

Viel ließe sich noch über die Unterschiede der Bildautoren aussagen, zum Beispiel, dass Dix als beteiligter Soldat berichtet, Bangert wie auch Niedringshaus aber die Kriegsschauplätze als Augenzeugen dokumentieren. Wie überhaupt das Museum einen starken Schwerpunkt auf die Frage legt, ob und welche Bilder man zeigen darf oder sollte. Zahlreiche Zitate von Kriegsreportern und Philosophen, Schriftstellern ergänzen die Bilder.

Doch egal wie man zum Krieg und zu Bildern vom Krieg steht, man wird die Ausstellung nicht achselzuckend verlassen.