2017: Elke Linne „Donne“

Das letzte Abendmahl von Leonardo da Vinci von 1497 ist ein Meilenstein der Renaissance. Das Gemälde hat die gesamte abendländische Malerei beeinflusst. Es ist sowohl aus religiöser wie aus künstlerischer Sicht eine Ikone. Die Struktur des Freskos mit einer Tischgesellschaft an einer langen Tafel und einer zentralen Figur in ihrer Mitte hat zahlreiche Künstler zu Appropriationen animiert. Der Grund der Aneignung ist aber nicht im Motiv zu finden, sondern in der Ausgestaltung des Motivs durch da Vinci. Auch die Fotokünstlerin Elke Linne faszinierte da Vincis Version des Abendmahls. Insbesondere seine unkonventionelle Umsetzung eines religiösen Themas, seine Interpretation der Johannesfigur und die Selbstdarstellung im Jünger Thaddeus sprachen sie an und führten zu einer Verfremdung der Tischgesellschaft mit weiblichen Personen.

Dabei hat Linne sich nicht nur auf eine spannungsvolle Interpretation von Leonardos Motiv mit Frauen beschränkt. Sie hat neun Fotografien geschaffen und für jedes Bild ihre Laiendarstellerinnen in Alterskohorten von 10 Jahren unterteilt. Die erste umfasst Kinder bis zu 10, die letzte betagte Frauen mit über 90 Jahren.  Entstanden ist ein aufschlussreiches Portrait von zeitgenössischen Frauen im Alter von 2 bis 94 Jahren.

Die Bilder wurden in analoger Technik fotografiert und digital weiterverarbeitet. Die Abzüge sind auf Leinwand aufgezogen und werden in Schattenfugenrahmen (Größe: 40 x 140 cm) präsentiert. Ein kleiner Teil der Aufnahmen wurde bereits 2015 in einer Ausstellung in den Räumen der Photobastei in Zürich gezeigt.

Hier finden Sie die Einladungskarte und hier den Vortragstext zur Vernissage am 27.10.2017.

2017: Ferdinand Joesten „Sehstücke“

Ferdinand Joesten ist ein Bildersammler, der flüchtige Momente auf Papier bannt. Wachsam durchstreift er die Welt, sei es zu Hause oder in weiter Ferne. Sie ist seine Bühne. Was sich dort bietet, greift er sekundenschnell auf. Dabei hat er einen Blick für beiläufige und bemerkenswerte Dinge und Situationen. Dem Dokumentarischen scheinbar enthoben, verwandelt er Gesehenes mittels unüblicher Ausschnitte und Perspektiven zu skurrilen und bizarren wie auch poesievollen und traumhaften Fotografien. Jedes Bild erzählt eine kleine Geschichte: Die Spiegelung von Neonlicht in einer Kaffeetasse, ein Steinmännchen am Wasser im Kontrast zu einem Felsmassiv oder ein fliegender Zeppelin hautnah an der Hutkrempe eines Fußgängers.

Joesten, geboren in Bonn, absolvierte von 1970 bis 1972 eine Fotografenausbildung beim Berliner Lette-Verein. Anschließend arbeitete er im Videostudio bei Siemens und als Wissenschaftsfotograf am Veterinärmedizinischen Institut der Freien Universität Berlin. Seit 1982 lebt er in Ostrach und konzentriert sich auf die künstlerische Fotografie.

Hier finden Sie den Vortrag zur Einführung in die Ausstellung vom 22.06.2017.

2016: Georg Küttinger „landscapes: remixed vol. 2“

Vom 19.11.2016 bis 13.01.2017 zeigt die Stuttgarter Galerie von Braunbehrens die Ausstellung „landscapes: remixed vol. 2“ mit Arbeiten von Georg Küttinger. Der Münchner Fotokünstler beschäftigt sich mit dem künstlerischen Landschaftsbild. Dabei verfolgt er einen sehr „malerischen“ Ansatz und setzt seine Motive aus vielen einzelnen Fotografien unterschiedlichster Perspektiven und Tageszeiten zusammen. Die Vernissage ist am 18.11.16 ab 19.00 Uhr – Einführung: Dorothea Cremer-Schacht.

Weitere Informationen: http://www.galerie-braunbehrens.de/

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Georg Küttinger: „niagara_cmyk“

2016: KRIEG. BILDER DER GEWALT

Bilder vom Krieg sind speziell. Bei vielen Fotoausstellungen debattiert man über Bildgestaltung, kunsthistorische Verortung, Auswahl oder Hängung. Bei Fotografien von Leichen, verstümmelten Körpern oder zerstörten Gebäuden treten solche Betrachtungen in den Hintergrund. Stattdessen stellen sich Fragen wie: Was ist Krieg? Welchen Aspekt des Kriegs zeigt uns der Fotograf? Und Warum?

In Singen zeigt das Kunstmuseum bis 4.12.2016 Otto Dix´ Mappenwerk „Der Krieg“ mit 50 Radierungen aus dem Jahr 1924, Bilder aus dem Buch „War Porn“ des Fotografen Christoph Bangert und eine Auswahl von Fotografien der Kriegsreporterin Anja Niedringhaus, die 2014 mit 48 Jahren bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in Afghanistan erschossen wurde. Einige der ausgestellten Bilder sind verstörend, weshalb die Ausstellungsmacher den Hinweis angebracht haben, dass die Ausstellung für Besucher unter 18 Jahren ohne Begleitung ungeeignet sei.

Die Ausstellung ist sehenswert. Dix wollte vermutlich mit seinen heute weltbekannten Bildern das Grauen im Schützengraben den Zeitgenossen verdeutlichen, gewissermaßen als Korrektiv zum Hurrapatriotismus bei Kriegsausbruch. Es geht hier um das „innere Bild“ vom Krieg, dass sich die Menschen machen. Das will durchaus einleuchten.

Bungert folgt rund 100 Jahre später dem gleichen Ansatz mit dokumentarischen Farbfotografien von den jetzigen Krisengebieten im Irak, in Afghanistan und Gaza. Hier fragt sich aber, ob das in der heutigen Zeit nötig ist. Etliche prämierte Vietnamfilme haben das von Bangert bebilderte Leid bis in fast alle Wohnzimmer getragen. Reicht es, zu sagen, dass Krieg schrecklich ist, wenn sogar Deutschland ohne UN-Mandat in den Krieg zieht, um dem Wohl der Menschheit zu dienen.

Bei Niedringhaus sieht der Besucher mehr vom Krieg als Leid und Elend, nämlich wie das Leben der Menschen trotz Krieg weitergeht, wie Kinder den Krieg spielen, wie sich Palästinenserinnen auf einem Rummelplatz tummeln oder wie sich die Sieger freuen. Von der Pulitzerpreisträgerin stammt die Aussage, dass das wirklich gute Foto eher 50 Meter hinter der Frontlinie entsteht.

Viel ließe sich noch über die Unterschiede der Bildautoren aussagen, zum Beispiel, dass Dix als beteiligter Soldat berichtet, Bangert wie auch Niedringshaus aber die Kriegsschauplätze als Augenzeugen dokumentieren. Wie überhaupt das Museum einen starken Schwerpunkt auf die Frage legt, ob und welche Bilder man zeigen darf oder sollte. Zahlreiche Zitate von Kriegsreportern und Philosophen, Schriftstellern ergänzen die Bilder.

Doch egal wie man zum Krieg und zu Bildern vom Krieg steht, man wird die Ausstellung nicht achselzuckend verlassen.

 

2016 Anna Lehmann-Brauns „Fotografie“

Referentin: Dorothea Cremer-Schacht

Einführung im Rahmen der Ausstellungseröffnung

 

Ort: Galerie Grashey, Schützenstr. 14, 78462 Konstanz

Zeit: Dienstag, 15. März, 19-21 Uhr

Anna Lehmann-Brauns, geb. 1968 in Berlin, lebt und arbeitet in Berlin. Studium der Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Meisterschülerin von Joachim Brohm, Gastprofessur an der Universität für Angewandte Kunst Wien, 2010.

2016: Tobias D. Kern „Wissende Heiterkeit. Fotografien zu Martin Heideggers Feldweg“

Referentin: Dorothea Cremer-Schacht

Einführung im Rahmen der Ausstellungseröffnung

 

Ort: Kunstraum – Kleine Galerie, Bad Waldsee, Wurzacherstrasse 53

Zeit: Sonntag, 6. März, 11 Uhr

Der nicht unumstrittene, aber wohl einflussreichste deutschsprachige Philosoph des 20. Jahrhunderts hat vor mehr als 60 Jahren seine Gedanken beim Gehen auf einem Feldweg in einer Art Prosa-Miniatur aufgezeichnet. Vordergründig beschreibt sie einen heute längst asphaltierten Ackerpfad, der in westlicher Richtung von der Sankt Martinskirche der südbadischen Kleinstadt Meßkirch hinausführt. Tatsächlich handelt es sich jedoch um einen tiefgründigen Besinnungstext. Der Philosoph und Publizist Rüdiger Safranski charakterisiert den Feldweg in seiner Heidegger-Biographie als „ein zugleich wirklicher und imaginärer Ort der metaphysischen Erfahrung, der aus der Erinnerung und der beschwörenden Kraft der Sprache“ lebe.

Tobias D. Kern ist wie Heidegger in Meßkirch geboren und besuchte dort das am Feldweg gelegene Martin-Heidegger-Gymnasium. Als Schüler lernte er den Feldweg noch als Bichtlinger Sträßle kennen, das als Laufstrecke bei den 1000-Meterläufen im Sportunterricht genutzt wurde.

Auslöser für sein Feldweg-Projekt war der Super-Gau von Fukushima im März 2011. Denn Heidegger spricht im Feldweg fast prophetisch von den „Riesenkräften der Atomenergie, die sich das menschliche Rechnen erkünstelt und zur Fessel des eigenen Tuns“ gemacht habe.

Seit Fukushima beging Kern mit einer Großformat-Kamera bei seinen Besuchen in Meßkirch immer wieder den Feldweg von der St. Martinskirche bis zur „roh gezimmerten Bank“ unter der alten Eiche –genau so wie es der Philosoph in seiner Jugend und bei späteren Besuchen in Meßkirch oft getan hatte.

Der Photograph schuf dabei keine dokumentarischen Abbilder des heutigen Feldweges, sondern stille, kontemplative Bilder von der unspektakulären, flach hügeligen Landschaft oberhalb der Ablach, einem kleinen Zufluss der Donau. Kern photographierte bei jedem Wetter, bei jeder Witterung und zu allen Jahreszeiten. Die Aufnahmen vermitteln so die unterschiedlichen Stimmungen des Bildautors beim Begehen des Feldweges. Begleitend zu den Bildern liegen in der Ausstellung für alle Besucher in ausreichender Stückzahl Ausgaben des Feldweges leihweise bereit; und der Bildautor lädt jeden Besucher ein, beim Weg durch die Ausstellung den kurzen Text zu lesen und eigene gedankliche Wechselwirkungen zwischen Text und Bildern zuzulassen.

In der Ausstellung werden rund 25 Selen-getonte Schwarzweiß-Photographien im Format 30 x 40 cm gezeigt, die der Photograph vom 4 x 5-Inch Negativ in einer Auflage von je drei Exemplaren auf Silbergelatine-Barytpapier abgezogen hat. Darüber hinaus erscheint eine limitierte Editionskassette mit sechs ausgewählten Feldweg-Motiven geprintet auf Ilford Art 300 Silbergelatinepapier sowie einer beigelegten Ausgabe des Feldweges aus dem Klostermann Verlag.

Mehr Informationen zu Tobias D. Kern: http://tdk-photo.de/

2015 Meister der Kamera – Ein Querschnitt durch die Geschichte der Fotografie am Bodensee im 20. Jahrhundert

Referentin: Dorothea Cremer-Schacht

Ort: Städtische Galerie im Fruchtkasten des Klosters Ochsenhausen
Zeit: Sonntag, 10. Mai, 11 Uhr
Vortrag  im Rahmen der Ausstellung „Ansichten“ mit Fotografien von Steffen Dietze.

Ort: Vorarlberg Museum, Kornmarktplatz 1, 6900 Bregenz, Österreich
Zeit: Mittwoch, 25. Februar, 19.00 bis 20.00 Uhr
Vortrag im Rahmen der Ausstellung Nikolaus Walter in Bregenz.

Der Vortrag beschreibt die Geschichte der Fotografie am Bodensee im 20. Jahrhundert. Zahlreiche Bildbeispiele geben einen Einblick in die Vergangenheit und Gegenwart des Mediums und liefern einen Überblick über die historische und kunstgeschichtliche Entwicklung der drei Anrainerstaaten: Deutschland, Österreich, Schweiz. Dabei werden auch die gesellschaftlichen Veränderungen des ehemals rein ländlich geprägten Raumes sichtbar.

Der Schwerpunkt der ausgewählten Bilder liegt auf der künstlerischen Fotografie, unter Berücksichtigung verschiedener Facetten der Alltags- und Gebrauchsfotografie. Die Auswahl orientiert sich aber auch an Gesichtspunkten wie: Welche Personen sind für die Fotografenszene der Region prägend? Welche der fotografischen Strömungen sind hier wichtig geworden? In welcher Beziehung steht die Fotografie zur Malerei? Welche Bedeutung hat die Fotografie als Massenprodukt, als Medium der Kommunikation? Gibt es wichtige und identitätsbildende Motive, spezifische Haltungen und wenn ja, welche sind es? Bei alledem bildet die nationale und internationale Fotografiegeschichte den Rahmen, an dem die Bodenseefotografie zu messen ist.