Jeannine LeBrun

Ottobeuren, Klosterkirche

Das Leben und Werk von Jeannine LeBrun ist umwoben von einer Vielzahl von Geschichten. Die Fotografin, die sich selbst als direkte Nachfahrin der französischen Portraitmalerin Elisabeth-Louise Vigée-LeBrun bezeichnet, kommt 1915 in New York zur Welt und kehrt mit einem Jahr in die Heimat ihrer Mutter nach Lindau zurück. Ende der 30er Jahre gelangt sie über ihre Bekanntschaft mit dem Fotografen Martin R. Hamacher nach Konstanz. Fortan widmet sich die gelernte Modistin intensiv der Fotografie. Bereits in den frühen 40er Jahren erhält sie den Auftrag in gefährdeten Kirchen Süddeutschlands wichtige Kunstwerke zu fotografieren. Der süddeutsche Raum bleibt ihr hauptsächliches Arbeitsgebiet; Arbeitsreisen führen sie jedoch auch nach Griechenland, Italien, Frankreich sowie in die Türkei und die Schweiz.

Die Fotografie von Kunst und Architektur zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Arbeit, wobei sie eine Vorliebe für die Kunst des Barocks entwickelt. Ihre große Kennerschaft des Barocks schlägt sich in ihren Arbeiten nieder. Ins „rechte Licht“ gerückt lassen ihre Aufnahmen von Putten, Emporen und Kirchen die großen barocken Baumeister und Bildhauer auch außerhalb ihrer eigentlichen Wirkungsstätten aufleben. Die Fotografien heben die Plastizität der Kunstwerke meisterhaft hervor und eröffnen ihnen durch die Wahl des Ausschnitts eine neue, d.h. eigene Dimension, die den Abbildcharakter weit übersteigt. Einige Jahre vor ihrem Tod erleidet Jeannine LeBrun einen Unfall, der sie hindert ihre fotografische Arbeit fortzusetzen. Sie stirbt am 23.10.1977.

Die hier gezeigten Bilder stammen aus der Ausstellung im Stadtarchiv Konstanz vom 14.11. – 11.12. 1996. Diese Ausstellung fasste erstmals das Werk von Jeannine LeBrun zusammen. Die Fotografien lieferten einen Überblick über eine Schaffensperiode von dreieinhalb Jahrzehnten. Ihre wichtigsten Fotobildbände wurden in Vitrinen gezeigt und rundeten die Ausstellung ab.

Zur Ausstellungseröffnung sprach der Schweizer Verleger und Jurist Dr. Peter Sutermeister aus Murten-Altavilla. Er veröffentlichte mit Jeannine LeBrun einige Bildbände über die Kunst des Barock.

Konstanz, Kloster Zoffingen, Klosterfrauen im Hof

 

Pietà, 1648 von C.D. Schenck; Aufnahme 1957

 

Gebweiler, Stiftskirche Murbach

 

Rom, Vatikanische Sammlung

 

Konstanz, Münster, Heiliges Grab ca. 1280

 

Konstanz, Münster, Heiliges Grab ca. 1280; Aufnahme 1949

 

Rom,Thermenmuseum

 

Konstanz, Zollernstraße; Aufnahme 1950

 

Irm Schoffers

Irm Schoffers, 1997, Aufnahme Franzis von Stechow, Konstanz

Irm Schoffers Arbeit ist eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem fotografischen Experiment, ihr eigentliches Versuchsfeld ist die Dunkelkammer. Ausgangspunkt ihrer unablässigen Suche nach neuen Ausdrucksformen sind vorhandene, realitätsnahe Fotografien mit durchaus profanen Motiven, die sie weiterentwickelt oder umgestaltet. Die diffizile grafische Verfremdung demonstriert die in der Materialität des Mediums liegenden Ausdrucksweisen (Überblendung, Solarisation, Umkopierung, Relieftechnik) auf vielfältige Art. Mit vergleichsweise einfachen Mitteln, wie Spiegelungen, schafft sie gegenstandslos wirkende, räumliche Strukturen, die traditionelle Sehgewohnheiten irritieren. Vor allem mit ihren auf direktem Wege belichteten Alltagsgegenständen, erzeugt sie visuelle Innovationen. An die Grenzen der Fotografie stoßen ihre polarisierten kristallinen Farbfotogramme, deren Oberflächenformationen an mikroskopische Vergrößerungen erinnern.

Die gebürtige Frankfurterin kommt über ihre medizinisch-technische Ausbildung bereits in den späten 40er Jahren mit der Dunkelkammerarbeit in Kontakt, die sie sofort fasziniert. Doch erst 10 Jahre später entschließt sie sich Fotografin zu werden, holt dann aber in Riesenschritten alles nach. Sie lernt die experimentell arbeitende Marta Hoepffner kennen, von der sie stark beeinflußt wird und erwirbt in kurzer Zeit experimentelle Kenntnisse.

Irm Schoffers absolviert die zweijährige Ausbildung an der bekannten Foto-Privatschule der Marta Hoepffner in Hofheim, deren schulisches Konzept die Verbindung künstlerischer und handwerklicher Fähigkeiten propagierte. Anschließend verbleibt sie in der Schule bis zur Schließung 1975. Als Lehrkraft und Teilhaberin ergänzt sie den Unterricht um neue fotografische Techniken sowie die Schmalfilmgestaltung  mit Licht- und Tonexperimenten.

Irm Schoffers ist 1927 in Frankfurt am Main geboren und 2008 in Kressbronn gestorben.

Mainsilhouette, 1963 (Farbsolarisation)

 

Ronchamp-Metacollage, 1972 (überblendete Farbfolienmontage)

 

Prismatischer Durchblick, 1973 (überblendete Farbfolienmontage)

 

Kreiskombination-Fischer, 1966 (Kreissegmentmontage)

 

onkrete Illusion, 1973 (überblendete und gespiegelte Farbfolienmontage, Siebdruck)

 

Verlagerung, 1976 (Farbfotogramm mit Farbfolienmontage)

 

Gefächerte Formen, 1980 (kristallines Farbfotogramm)

 

Werner Stuhler

Haus zwischen Steinen, 1963

Wasser, Gräser, Seerosen, Steine, Möwen, Felder, Gärten und Wälder gehören zu den immer wiederkehrenden Motiven des seit mehr als fünf Jahrzehnten aktiven Lichtbildners Werner Stuhler. Sein künstlerisches Werk bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Fotografie und Fotografik. Seine weichen, flirrenden, die Phantasie anregenden Bilder, geschöpft aus der Weite der Natur wechseln sich ab mit klar stilisierten Formen und grafischen Linien – verdichtet, verfremdet und stilisiert in langer, intensiver Dunkelkammerarbeit – sind in einer etwa 80 Arbeiten umfassenden Werkauswahl in Konstanz zu sehen.

Ursprünglich wollte Werner Stuhler, der 1927 in Nürnberg geboren und in Lindau aufgewachsen ist, Kunstgeschichte studieren. Un-zureichende finanzielle Mittel ließen ihn jedoch zur Fotografie greifen. Die einstige Not entwickelte sich aber bald zur Tugend: Schon ein Jahr nach der Lehrzeit machte sich Stuhler mit einer bescheidenen Ausrüstung aber viel Begeisterung selbständig. Vor allem im Fach Portrait bewies er großes Können. Die konventionellen Regeln der Belichtung außer acht lassend, entwickelte er eine eigene Position und verschaffte sich schnell handwerklichen und künstlerischen Respekt. Schon im Alter von 25 Jahren erhielt er für das Bildnis eines Knaben die Goldmedaille auf der internationalen Portrait-Ausstellung in Bologna, zwei Jahre später die photokina-Plakette, wiederum für ein Portrait und 1962 und 1965 World Press Photo awards. Auch die Anerkennung, zusammen mit Albert Renger-Patzsch, als einer der besten Fotografen des Jahres 1959 beim International Photography Year Book, London gehört dazu.

Die künstlerischen Erfolge bestärkten Stuhler bei seiner „Brotarbeit“, wie umgekehrt deren dokumentarisches Beobachten die freie Tätigkeit befruchtete. Seine Fotografien wurden zunehmend nachgefragt von Feuilleton- und Reiseteilen verschiedener Zeitungen, Zeitschriften und Verlagen. Noch bis weit in die 1990er Jahre bereiste er andere Länder, vor allem den Süden Europas. Seine erzählerischen Impressionen wurden in zahlreichen, sorgfältig gestalteten Fotobüchern publiziert. In Bildbänden zu Provence, Toskana, Campania felix und Apulien entfalten sich ornamentale Pracht und fremdartige Schönheit südlicher Landstriche neben dem alltäglichen Leben des kleinen Mannes.

Stuhler begann seine fotografische Tätigkeit 1948, jenen Jahren, als hierzulande vehement nach einer neuen, schöpferischen Bildsprache gesucht wurde. Neugierig beobachtete Stuhler die Impulse, die von der 1949 gegründeten, kleinen Vereinigung fotoform ausgingen und darauf abzielten, die Welt nach den Schrecken des Krieges auf eine ganz persönliche Weise neu zu entdecken und zu vermitteln. Stuhler, der schon im Alter von 17 und 18 Jahren die Härte des Kriegs erfahren musste, war dem Reiz von Formen und Strukturen, Details und vom Zufall generierten Mustern genauso erlegen, wie die Gruppe fotoform sowie die aus ihr entstandene, breit gefächerte Bewegung subjektive fotografie. Mehr als andere bearbeitete er seine Motive in der Dunkelkammer, formte konkrete Bildinhalte in abstrakt-grafische Gebilde. Stuhler spricht bei seiner Arbeit dann von Fotografiken, wenn er sorgfältig gezogene Ackerfurchen in konstruktivistische Bilder, feine Gräser in fremdartige Hieroglyphen, Pfähle und Schneezäune in minimalistische Zeichnungen und welliges Wasser in Gemaltes verwandelt. Stuhler arbeitet mit Mehrfachbelichtungen, Montagen, Solarisationen, Tontrennungen, Maskierungen und Negativdrucken, also mit Verfahren, die der Fotopädagoge und Nestor der subjektiven fotografie, Otto Steinert zu den rein fotografischen Gestaltungselementen zählt. Seine Versiertheit in der Dunkelkammer ist entscheidend auf seine Bekanntschaft mit Heinz Hajek-Halke zurückzuführen, dem frühen Meister experimenteller Fotografie mit seinem unüberschaubaren Repertoire an Techniken. Hajek-Halke ermutigte ihn maßgeblich dazu, eigene Bildwelten zu erkunden und die Dunkelkammer für fototechnische und fotochemische Verfremdungen auszutesten.

Bei seiner Suche nach kreativem Ausdruck befreundete sich Stuhler mit dem Maler Georg Muche, der seit 1960 im benachbarten Bad Schachen lebte und ihn bekräftigte seine Bildaussagen stärker zu variieren, insbesondere abstrakter zu gestalten. So finden sich bei den Tropfen-, Pflanzen- und Kugelaufnahmen motivische Parallelen zur Malerei des Bauhauskünstlers. In einer Zeit, als Bildende Künstler und Fotografen sich eher ablehnend gegenüberstanden, führte die beiderseitige Offenheit zu einem befruchtenden Zusammenspiel. Das bedeutende Mappenwerk Totentänze mit seinen mumifizierten Eulen, für das Stuhler Fotografien fertigte, die Muche überarbeitete und veröffentlichte, zeugt davon. 1967, zur Zeit des Wettrüstens entstanden, thematisiert es den atomaren Tod.

Im Laufe der Jahre werden die Bilder des begabten Kamerameisters abstrakter und farbiger; er laboriert in vielerlei Spielarten. In extremen Nahsichten verrätselt er Bildinhalte; Experimente mit Lichtreflexen erinnern an kosmische Welten. Manche Themen, wie das Portrait verlieren an Bedeutung, anderen, wie dem Wasser erweist er eine nie endende Referenz. Reizvoll ist die Vielfalt seines Schaffens, hervorgegangen aus der intensiven Auseinandersetzung mit den schöpferischen Möglichkeiten des Mediums. Werner Stuhler ist 2018 im Alter von 91 Jahren verstorben.

Guido Mangold

Guido Mangold, Kunstmuseum Ravensburg, 2016, © Dorothea Cremer-Schacht

Mangold, Guido – geboren 1934 in Ravensburg, lebt in Ottobrunn bei München
Bei seiner Tätigkeit als Patissier in Kanada kommt Mangold mit der Fotografie in Berührung. 1957 nach seiner Rückkehr entschließt er sich auf Anraten des Fotografen Toni Schneiders, Lindau zum Besuch der zweijährigen Werkkunstschule Saarbrücken und der Folkwangschule für Gestaltung in Essen mit dem Fach Fotografie bei Otto Steinert. 1960 erhält er die Goldmedaille auf der Biennale in Mailand. 1961 legt er die Meisterprüfung ab und ist bis 1962 für ‚USIS‘ in Bad Godesberg tätig. Besonders bei den ersten Aufnahmen spürt man den Stil der subjektiven Fotografie. 1963 wendet er sich hauptsächlich dem Bildjournalismus zu, arbeitet für die Illustrierten und Zeitschriften Quick, Twen, Jasmin oder Playboy. Seit 1976 auch für GEO u.a. mit Reiseberichten und Länderportraits. Erhält 1962 mit einem Bild von Louis Armstrong den 1. Preis beim World-Press-Foto in der Kategorie Most Artistic Press Photo.


Weitere Informationen: